Da gibt es eine Menge Geschenke. Da sind alle zusammen. Da gibt es immer leckeres Essen und viele Süßigkeiten. Die Stimmung mit Kerzen, Lichtern, Weihnachtsbäumen ist so schön. Die Vorfreude ist so schön, die Weihnachtsmärkte, Weihnachtsfeiern – naja, jedenfalls, wenn es kein Corona gibt – das Schmücken des Hauses. Da feiern wir die Geburt Jesu. Ab Weihnachten werden die Tage wieder länger und die dunklen Nächte kürzer.

Richtig? Und in dieser Reihenfolge?
Schwer zu sagen. Vermutlich hat jeder Mensch ein etwas anderes Bild.
Ich mag gerne die Stimmung in der Adventszeit. Ich mag auch die vielen Süßigkeiten, die es da gibt. Stollen, Printen, Dominosteine. Ich mag auch den Dezember, wenn es etwas kälter wird und – sogar in Köln – vielleicht schon einmal Schnee fällt. Adventswochenenden zuhause, mit Musik, Filmen, schönem Essen.
Eigentlich freue ich mich auch auf das Weihnachtsfest selbst. Allerdings ist das Weihnachtsfest auch eine wirklich schwierige Angelegenheit. Bei mir ist es meistens so, dass ich bis zum 24. Dezember ca. 300 bis 400 Mal schriftlich oder mündlich oder beides „ein frohes Weihnachtsfest“ gewünscht habe. Allein dadurch ist der „Heilige Abend“ mit maximalen Erwartungen aufgeladen. Es kommt die ganze Adventszeit mit Weihnachtsfeiern, Weihnachtsmärkten etc. hinzu, die ja alle (auch) eine Ankündigungsfunktion haben. Alle diese Ereignisse und Bräuche wollen auf den „Heiligen Abend“ vorbereiten.
Christlich ist das alles wirklich gut zu verstehen. Da steht Johannes der Täufer am Anfang der Adventszeit und weist auf das Kommen des Messias hin. Am Heiligen Abend wird aus christlicher Sicht das Unbegreifliche gefeiert: Der allumfassende, unendliche, nie begonnen habende und nie enden werdende, allmächtige Gott kommt als kleines Kind auf die Welt. Das ist, wenn man sich das nochmal überlegt und ein modernes Wort sucht, Mega-Krass. Diese Feier kann man eigentlich nicht genug vorbereiten und sich innerlich darauf einstellen, weil es immer wieder und wieder unbegreiflich ist. Und weil es von unvorstellbarer Liebe Gottes zu den Menschen zeugt. Ob sich dieses Glück auch für die Lebewesen auf anderen belebten Planeten des Universums ereignet hat?

Das ist ja eigentlich Weihnachten. Und weil wir vom lieben Gott so reich beschenkt werden, beschenken wir uns gegenseitig und feiern das in der Familie.
Leider ist das alles mit ziemlich viel Trubel verbunden. Die Feier, weil auf ihr so viele Erwartungen lasten, muss grandios sein und bedarf viel Vorbereitung. Das macht vielen Menschen Stress. Die Messfeier am Heiligen Abend ist nicht einfach zu erreichen, weil ja wirklich viele Personen gleichzeitig dorthin wollen und weil es manchmal auch mit Stress (Parkplatz, Sitzplatz) einhergeht. Naja, mit ein wenig guter Vorbereitung lässt sich das alles noch halbwegs machen.
Und dann das Schenken. Wie will man mit Liebe schenken, wenn man vor allem ewig lange Listen von zu beschenkenden Personen abarbeitet und krampfhaft grübelt, was man diesem oder jenem noch schenken kann. Naja, das lässt sich auch organisieren, wenn man es früh genug und in aller Ruhe angeht.
Aber was mich am meisten gestört hat, wenn es denn so war. Das war das Ertränken des Weihnachtsfestes in Geschenken. Bitte nicht falsch verstehen. Ich mag Geschenke. Ich mag es, anderen Geschenke und damit eine Freude zu machen. Ich mag es sehr, wenn die andere Person merkt, dass ich sie mit meinen Geschenken wertschätze, ihr eine Freude mache und vielleicht auch ein klitzekleines bisschen ihr Leben mit einem Geschenk bereichere. Ich mag auch selbst Geschenken bekommen, aus denselben Gründen.
Aber ich finde es schrecklich, wenn Geschenke so massenhaft auftauchen, so sehr Budget-Erwägungen und Volumen des Geschenks in den Vordergrund treten, dass all diese schönen Ideen, die Gefühle, das Weihnachtsgefühl, die Stimmung und die ganze Sinnhaftigkeit des Beschenkens und des Weihnachtsfestes mit jedem Geschenk, das hinzukommt, weiter zurückgehen und irgendwann überlagert oder ganz abgetötet werden. Dann tritt nicht so sehr das Schenken, sondern die dadurch ausgelöste Ermüdung und Überreizung in den Vordergrund und zerstört die Stimmung, die Idee des Beschenkens und des Festes, die Weihnachtsidee der Liebe und der Familie, der Menschwerdung Gottes so sehr, dass ich am liebsten ganz darauf verzichten würde.

Mein persönliches all time high der Weihnachtsfeiern war die im Jahr 1982, als ich im Alter von 16 Jahren ein Jahr als Austauschschüler in den USA verbracht habe. Die Feier fand am ersten Weihnachtstag statt, weil es in Iowa nicht üblich ist „Christmas eve“ zu feiern. Es kam die ganze Bassett-Familie, d.h. damals die fünf Kinder der Bassetts – das jüngste Kind der Bassetts, Michael, war damals 23 Jahre alt -, mit ihren eigenen Kindern zusammen. Die Enkelkinder waren damals noch nicht so zahlreich, d.h. insgesamt nur 6 und die meisten waren noch sehr klein. Wir trafen uns in der Wohnung der jüngsten Tochter, die eigentlich für über 20 Personen viel zu klein war. Es gab einzelne kleine Geschenke, vor allem für die Enkelkinder; aber nicht wirklich viel. Das wichtigste war die große Festtafel, die man vom Living Room beginnend bis ins Schlafzimmer gebaut hatte, damit alle Personen daran Platz hatten. Wie es in Iowa üblich war, hatte jeder einen Teil des Essens, u.a. zwei gebratene Turkeys, mitgebracht, so dass die Essens-Vorbereitung überschaubar war. Ich habe das als ganz tolles Fest in Erinnerung; es war sehr herzlich und innig. Ein wunderschönes Fest. Vielleicht finde ich noch irgendwo ein Foto. Dann stelle ich es ein.