Sei, wie du bist!

Lieber Schinski,

das wurde mir heute Abend zugerufen. Noch in etwas anderer Form, aber Inhalt war gleich.

Findest Du das gut? Klar. Warum nicht?

Ist aber nicht für alle ganz einfach. Erst einmal gibt es einige Menschen, die ihre Persönlichkeit hinter dem verstecken, was ihnen so begegnet. Also, was „cool ist“, oder wie andere sie sehen wollen. Mancher will einem anderen oder vielen anderen gefallen (Politiker, Fernsehleute, Comedians). Mancher sucht sein ganzes Leben lang danach, nach der eigenen Persönlichkeit.

Es gehört natürlich dazu, dass man gut findet, wie man ist. Deshalb wurde mir der Spruch auch heute (übrigens in der Kirche) anders erzählt: „Die Bitte um Stärke, so zu sein, wie man ist.“

Kannst Du damit was anfangen? Ich könnte mir das vorstellen. Es hat ja nichts damit zu tun, dass alle akzeptieren müssen, dass jemand gerne mal rülpst oder furtzt. Es geht um Eigenschaften, die man an sich liebt. Wissensfreude, Interessen, auch an skurrilen Dingen, Hobbies, Liebe zu Ordnung oder zu Unordnung – letztere, kann ja vielleicht auch inspirierend sein. Die sollst Du ausbauen und Gefallen daran finden. Und wenn jemand Deine Eigenschaften nicht so schätzt wie Du, dann musst Du Dich vielleicht auch schon einmal zu anderen Personen orientieren.

Aber es ist ganz wichtig, sich nicht zu verlieren. So, wie man sich selbst gut und richtig und wichtig findet. Wichtig ist dabei zu allererst, dass man sich kennt. Du kannst Dich vielleicht noch an den Spruch auf dem Apollotempel in Delphi erinnern, wo wir im Herbst 2018 gemeinsam waren: „Gnothi seauton“ – „Erkenne Dich selbst“. Einer der wichtigsten Sprüche. Wer sein Leben lang nach sich sucht, läuft immer planlos umher.

Das noch kurz am Sonntagabend. Liebe Grüße für die Woche sendet Dir Dein Papa

P.s.1: Denk mal an die Lisa. Die hat morgen ihre erste Prüfung im Staatexamen.

P.s.2: Hier ein Bild von der Zeit, als wir noch nicht so viel über Gnothi seauton nachgedacht haben: